Archiv für den Monat: Juli 2015

Postoperative kognitive Dysfunktion und Psychopharmaka

Was weiß man über die Folgen von Vollnarkosen bei Operationen an Menschen, die Psychopharmaka einnehmen? Das häufige Vorkommen erschreckender Zustände von Verwirrtheit nach Vollnarkosen bei Operationen solcher Patienten lässt diese Frage bei Mitarbeitern von Sozialpsychiatrischen Diensten (SPDi) immer wieder aufkommen. Aber niemand kann über Gründe und Ursachen aufklären – weder die zuständigen Anästhesisten noch die behandelnden Psychiater (niedergelassen oder in den psychiatrischen Kliniken).
Häufig wird als Ursache eine Inkompatibilität der Psychopharmaka mit dem Narkosemittel  vermutet, wie in dem Beitrag über Patrizia auf dieser Website, wobei es auch um die eventuelle Unvereinbarkeit von Chemotherapie und Neuroleptika ging. Die Autorin – ebenso wie die Klientin Patrizia – ist inzwischen verstorben. Beide litten an schweren postoperativen kognitiven Dysfunktionen nach Vollnarkosen bzw. Chemotherapie.

“Gedächtnisprobleme nach einer OP: Normal oder gefährlich? Erfahren Sie mehr über das Krankheitsbild der postoperativen kognitiven Dysfunktion (POCD) und seinen Zusammenhang mit Demenz”.
Diese Einladung der “Langen Nacht der Wissenschaften” in Berlin am 13. Juni 2015 haben wir aus dem Riesenangebot herausgesucht in der Hoffnung über diese Problematik mehr zu erfahren.

Wir versuchen hier kurz und allgemein die wichtigsten Aussagen des Vortrags darzustellen, dessen Inhalt Fachfremde nur schwer wiedergeben können. Vor allem fehlen uns natürlich die aufschlussreichen Infotafeln des Vortrags. Wir verweisen unsere Leser darum auf die Homepage des Forschungsprojektes, in dem die Referentin Frau Yürek arbeitet: www. biocog.eu “Entwicklung von Biomarkern zur Risikostratifizierung und Outcome-Prädikation für postoperative kognitive Störungen bei älteren Patienten.”
Die Aussagen der Referentin über das postoperative “Delir” (1) waren so alarmierend, dass wir beschlossen, hier auf die wichtigsten Ergebnisse umgehend hinzuweisen. Damit verbinden wir den Aufruf der Referentin, als Versuchspersonen an der dringend notwendigen wissenschaftlichen Untersuchung (in Berlin) teilzunehmen.

Hier ein Hinweis auf die Definition von „Delir“ im DSM V (2) aus einem Vortrag von Walter Hewer, wobei „Delir“ nicht immer mit „POCD“ gleichgesetzt wird: www.demenz-service-aachen-eifel.de/tl_files/aachen_eifel/PDF%20Dateien/Fachtagung%20Delir%20im%20Krankenhaus/Prof%20Hewer%20-%20Diagnostik%20und%20Therapie%20bei%20Delirverdacht%20-%2016.05.2013%20Aachen.pdf
Zur Differentialdiagnose von dementiellen Zuständen: 
http://www.aerzteblatt.de/bilder/2014/02/img77616948.gif

Um was geht es bei dieser Studie?
Goethe beschreibt in seinem Erlkönig ein solches Syndrom mit Halluzinationen, an denen das Kind in den Armen dann schließlich stirbt. Schon Hippokrates – im 4. Jahrhundert v. u. Z. – hat Symptome wie beim POCD beschrieben. Ein Konglomerat aus verschiedenen Symptomen, die im Kopf auftreten nach beliebigen – auch ganz kleinen – Operationen an verschiedensten Körperteilen.
Besonders ältere Patienten erleiden häufig nach einem operativen Eingriff mit Vollnarkose ein solches “Delir”, das mit Verwirrung und Angst einhergehen kann, aber auch mit längerfristigen Problemen bei der Merkfähigkeit, Konzentration oder der geistigen Leistungsfähigkeit, die dann nach solchen Operationen auftreten.
Die Symptome des Delirs können zurück gehen. Aber mit jedem Tag, den das Delir nach der OP länger als 3 Tage dauert, – so die Referentin – steigt auch die Sterberate der Patienten.

“In der Biocog-Studie werden wir insgesamt 1200 chirurgische Patienten hinsichtlich Veränderungen ihre kognitiven Leistungsfähigkeit vor und nach dem Eingriff untersuchen.” (3) Es geht um toxisch-metabolische Dysfunktionen nach Narkosen, wenn das Gehirn aufgrund seines Alters und anderer Einflüsse  (z.B. Substanzen mit Abhängigkeitspotential) nicht mehr die Belastung ausreichend kompensieren kann. Die Tiefe einer Narkose kann man nur feststellen, wenn man sie eigens misst. Es wurde dringend empfohlen, diese Untersuchung immer bei OPs mit Vollnarkosen durchzuführen. Das ist aber nicht in allen chirurgischen Kliniken Standard. Auch wenn die Sauerstoffsättigung gemessen wird, wie routinemäßig im Virchowklinikum Berlin, kann nicht immer vermieden werden, dass die Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff eintritt und ein Delir folgt.
Nur 13% der Patienten mit postoperativem Delir sind hyperaktiv in ihrer Verwirrung, 80% dagegen liegen ganz ruhig da, und das Delir bleibt häufig unerkannt und somit unbehandelt.

Auf der Intensivstation tritt bei 60 bis 87% dieser Patienten ein postoperatives Delir auf, das dann behandelt wird. Im Aufwachraum hat man bei noch bei 47% der Operierten ein Delir festgestellt, auf der Normalstation bei 21% und nach Entlassung dann erst zu Hause schließlich noch bei 41%.

Die Deutsche Alzheimergesellschaft berichtet, dass im Mai 2013 in dem Evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge (KEH) in Berlin “ein pflegerisches Konzept mit dem Titel ‘Demenz – Delirpflege’ auf den Weg gebracht (wurde), das auf den Ergebnissen unserer postoperativen Delirstudie basiert, die 2011 und 2012 in der Chirurgie des Krankenhauses durchgeführt wurde.” In diesem Zusammenhang wurden Ansätze von speziellen Betreuungskonzepten sowohl für demenziell erkrankte Menschen als auch für Menschen, die an Verwirrtheit aufgrund von Delirzuständen leiden, eingeführt. Es geht darum, die Behandlung an den jeweiligen Bedürfnissen zu orientieren. Die Abläufe sollen so gestaltet werden, dass sie bei den Patienten keine Angst auslösen.” https://www.deutsche-alzheimer.de/unser-service/archiv-alzheimer-info/auf-dem-weg-zum-demenzsensiblen-krankenhaus.html

Zur Information über Hypothesen zu dieser postoperativen Erkrankung, muss hier eine Schautafel von der Homepage der Studie reichen:

(( EREPRO bittet um Verständnis, dass diese Schautafel erst später gezeigt wird, da die Genehmigung dafür von der Klinik noch nicht vorliegt.))

Es geht darum, dass das TNF Alpha (Tumornekrosefaktor) durch die Blut-Hirn-Schranke durchgelassen wird und somit die microgliale Inhibition nicht mehr funktioniert. 

Durch anticholinerge Medikamente – also auch Antipsychotika – kann ein neurodegenerativer Prozess initiiert werden, insbesondere bei Menschen mit beginnender Demenz. (4)
Dazu gehören auch Blutdruckhemmer, Diuretika und viele andere Medikamente, auch Psychopharmaka wie Benzodiazepine. (5) Benzodiazepine sind so schädlich, dass von der Referentin dringend empfohlen wird, sie als Beruhigungsmittel vor einer OP nicht mehr einzusetzen und statt dessen besser ein Gespräch mit dem Patienten zu seiner Information und Beruhigung zu führen. Der Entzug, der beim Absetzen dieses Suchtmittels entsteht, könnte für das Entstehen von POCD nicht minder gefährlich sein. Das trifft auf Antidepressiva weniger zu.

Das Auftreten des postoperativen Delirs liegt somit nicht immer an der Narkose-Chemie. Jeder Patient hat auch sein eigenes Risiko. Bei trockenen Alkoholikern scheint das Delirrisiko geringer zu sein.
Angst und Schmerz bei den OP Patienten sind Trigger für ein Delir, ebenso wie Fieber. Unklar ist, ob das statistische Ergebnis vermehrten Auftretens postoperativer Delire bei älteren Menschen auch daran liegt, dass diese häufiger operiert werden. 

Sehr lange, viel zu lange – meinte die Referentin – hat man sich ärztlicherseits wenig Gedanken gemacht über die Folgen von Operationen “im Kopf”. Jetzt will dieses Studienprojekt mit Hilfe des MMST (6)) den kognitiven Zustand der Operierten untersuchen. 

Das medizinische Wissen hinsichtlich des postoperativen Delirs ist dementsprechend noch sehr begrenzt und wenig gesichert. Mit einem Anästhesisten, der sich über POCD habilitiert hat, fanden wir endlich auch einen kompetenten Experten, der die verlässliche Aussage treffen konnte, dass es keine einzige wissenschaftliche Studie gibt über die Vereinbarkeit von Psychopharmaka mit Narkosemitteln.

Unserer Meinung nach ein weiterer unglaublicher Missstand in der Psychiatrie, zumal jedem Insider geläufig ist – und auch von diesem Anästhesisten als „erfahrungsbekannt“ bestätigt wurde, dass Menschen mit fortgesetzter Psychopharmakbehandlung unter besonders schweren Folgen von POCD nach Vollnarkosen zu leiden haben. Und zwar wohl nicht nur wegen höherer Anfälligkeit der Patienten durch ständige Medikamenteneinnahme, sondern möglicherweise auch wegen chemisch schädlichen Zusammenwirkens der verabreichten Substanzen. 

Quintessenz:
Gedächtnisstörungen nach Operationen mit Vollnarkose sind also nicht “normal” wie der Titel der Veranstaltung hätte suggerieren können, auch nicht nur “gefährlich”, sondern sehr gefährlich.
Sie müssen unbedingt diagnostiziert und dann behandelt werden. Spezielle Untersuchungen über die postoperativen Folgen bei Vollnarkose und Psychopharmaka-Einnahme sind dringend erforderlich.

 

Anmerkungen
1.  “Delir” in dem Projekt verwendet als „zusammenfassender Fachbegriff für derartige postoperative Symptome“.
2. „DSM-5 ist die Abkürzung für die fünfte Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM;englisch für „diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen“), eines Klassifikationssystems in der Psychiatrie. Das DSM wird seit 1952 von der American Psychiatric Association (APA; deutsch: amerikanische psychiatrische Gesellschaft) in den USA herausgegeben.“ Wikipedia (2.7.2015)
3. Zitat aus dem Flyer des Projektes, mit dem zur Zeit noch Teilnehmer an der Studie gesucht werden.
4. Über anticholinerge Arzneistoffehttp://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=49072
5. Hager nennt folgende Pharmaka, die ein Delir auslösen oder verstärken können:
Neuroleptika z.B. Chlorpromazin, Promethazin, Trizyklische Antidepressiva z.B. Amitryptilin, Doxepin, Spasmolytika z.B. Butylscopolamin, Antihistaminika z.B. Diphenhydramin, H2-Blocker z.B. Cimetidin, Ranitidin, Ophtalmologica z.B. Atropin-haltige Augentropfen, Antiparkinsonmittel z.B: Anticholinergika, Dopaminagonisten, L-Dopa,  Analgetika z.B. generell Opioide und Opiate, Azetylsalizylsäure in höherer Dosierung, NSAR, Antikonvulsiva z.B. Phenytoin, Valproinsäure, Carbamazepin, Antibiotika z.B. Gyrasehemmer, Sulfonamide, Tuberkulostatika, Benzodiazepine z.B. der Entzug von Benzodiazepinen, andere z.B. Kortikosteroide, Lithium, Digitalisglykoside, Propanolol, Clonidin, Chinidin, Ciclosporin, Theophyllin, Lidocain, Mexiletin. K. Hager, 4.5.2011, Diagnose, Prävention und Therapie des postoperativen Psychosyndroms und des Delirs im Alter.
6. über den Test s. Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Mini-Mental-Status-Test (10.7.2015) 

Literatur
Wer sich genauer informieren will über das Krankheitsbild der POCD sei auf einen langen Artikel im Ärzteblatt hingewiesen: http://www.aerzteblatt.de/archiv/154793/Postoperative-kognitive-Dysfunktion

Geschichte von Bethel +++ Unterschreiben gegen kommerzielle Motive in der Neurologie

Zwei Beiträge in der der Zeitschrift “Soziale Psychiatrie” Nr. 3, Juli 2015 könnten für EREPRO Leser besonders interessant sein:

1. Die Buchbesprechung von Brigitte Siebrasse, Bielefeld über das Buch 
Barbara Degen, Bethel in der NS-Zeit, Die verschwiegene Geschichte, 2014
Ausgewogen und ausführlich beschreibt Siebrasse das Buch von Barbara Degen über die Behandlung von Kindern in Bethel während der NS-Zeit.
„Degens Stichwort ist ‚Hungerpsychiatrie’. Schlechte Ernährung in Kombination mit Epilepsiemitteln sei eine gradezu klassische Tötungsformel. Ihre Recherche ergab: 2000 behinderte und nicht behinderte Kinder starben während der Nazizeit im Kinderkrankenhaus ‚Sonnenschein’, das als Diakonissenkrankenhaus der Leitung der Stiftung Sarepta unterstand.
Eindeutige Beweise für dieses Kindersterben kann Degen nicht vorlegen, doch sie findet genügend Unstimmigkeiten und trägt alarmierende Indizien zusammen.“ Soziale Psychiatrie 3/2015 S. 56

Zum Vergleich verweisen wir auf eine andere Stellungnahme zu Degens Buch von Dr. Uwe Kaminsky, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl Christliche Gesellschaftslehre, Evangelische theologische Fakultät. Universität Bochum.
https://www.bethel.de/fileadmin/Bethel/aktionen_und_projekte/Stellungnahme_Buch/Buch_Degen_Kaminsky-Stellungn__17_9_14.pdf

Uwe Kaminski wird auch zitiert in dem Artikel von EREPRO: “Frage nach versteckter Schuld der Diakonie.” http://www.erepro.de/2015/02/23/frage-nach-versteckter-schuld-der-diakonie/

 

2. „Interessen Konflikte offenlegen!“ Das ist das Anliegen der „Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte – Mein Essen zahl ich selber“ (MEZIS), von Transparency Deutschland sowie „NeurologyFirst“, einer Initiative deutscher Neurologen für pharmaunabhängige Kongresse und Leitlinien. Sie haben einen Aufruf gestartet mit Vorschlägen für den Umgang mit Interessenskonflikten. „Klinische Behandlungsleitlinien…müssen sich ausschließlich auf die verfügbare wissenschaftliche Evidenz stützen und dürfen nicht von kommerziellen Motiven der Hersteller von Arzneimitteln und Medizinprodukten beeinflusst werden.“
„Eine ausführliche Beschreibung von ‚NeurologyFirst’ sowie die Möglichkeit zur unterstützenden Onlineunterschrift gibt es im Internet: www.neurologyfirst.de/appell/“. Soziale Psychiatrie 3/2015 S. 62

Über meinen Leidensweg. Bericht an einen Psychotherapeuten.

Der Autor stellt seinem Bericht einige Thesen voraus, anstelle einer Zusammenfassung:

1) Die Medikation (Psychopharmaka) muss mit dem Patienten “besprochen” werden. Der
Psychiater sollte eine Art “Augenhöhe” mit dem Patienten anstreben. (es gibt ein Urteil vom Bundesverfassungsgericht dazu!)

2) Auf vielen geschlossenen Psychiatrie-Abteilungen wird immer noch hochdosiert,
ohne Rücksicht zu nehmen. Die Praxis in den Kliniken entspricht nicht
dem rechtlichen Stand. Eine Zwangsmedikation traumatisiert den Patienten
langfristig, und ist rechtlich fragwürdig.

3) Neuroleptika werden akut sehr schnell hochdosiert, aber nicht mehr
verantwortlich runtergefahren. Das Ergebnis sind
Langzeit-Hochdosierungen, die schädigen. Oder das “runterfahren” dauert
ewig lange, wegen dem Gehirnstoffwechsel: “es könnte ja wieder etwas
passieren”.

4) Kennen Sie “alte Schizophrene”. Ich nicht viele. Die meisten sterben
an Kreislaufversagen oder irgendetwas anderem, vor 60.. Neuroleptika!

 

Im März dieses Jahres holte mich das zweite Mal (zuvor im November 2014) eine belastende Grippe ein. (bzw. grippaler Infekt). Zu dieser Zeit nahm ich 10 mg Fluanxol und 1000 mg Seroquel ein, (Quietapin). Als ich am ersten Wochenende dieser Zeit meine Mutter besuchte, war ich geschwächt von der Grippe und belastet durch die Einnahme der Neuroleptika. Es kam zu einem beinah-körperlichen Zusammenbruch, und ich fuhr zurück nach Hause. Dort hatte ich darauffolgend Oberbauchkrämpfe und einmal heftige Nierenschmerzen. Diese waren auf meinen geschwächten Körper und vor allem auf die Einnahme von Fluanxol zurückzuführen, von dem ich ähnliche Symptome vorher schon kannte, nur nicht so heftig. Es ist bekannt, dass Neuroleptika schwere Nebenwirkungen haben, die langzeit-schädlich sind. Ich kann seit Jahren nicht vor 10:00 Uhr aufstehen (ich „komm nicht hoch“) und leide durchaus schon länger unter diesen Medikamenten, die auch nachweislich die Lebenserwartung verkürzen.

Ich bekam körperlich Angst, – mit 50 Jahren will ich mit meinem Leben noch etwas anfangen, und traf die Entscheidung, die Neuroleptika abzusetzen. Und zwar ganz.
Dies ist sicher ein Fehler gewesen, doch aus der Sicht der jahrelangen Nebenwirkungen auch verständlich. Ich wollte mich ganzheitlich behandeln lassen, und suchte auch schon nach einem alternativen Arzt.

Daraufhin wurde ich von allen Seiten unter Druck gesetzt, doch „meine Medikamente zu nehmen“, – auch von der Leitung des ambulant betreuten Wohnens, Frau X. Ich lebe in einer WG („betreutes Wohnen“), die ambulant betreut ist. Durchaus sinnvoll.
Im Zuge der Grippe und auch wegen des Drucks, dem ich ausgesetzt war, ging es mir schlechter. Die ständige Einnahme von Paracetamol (etwas anderes konnte der Hausarzt nicht empfehlen), war sicher auch nicht allzu hilfreich. Ich schlief tagsüber, und der Schlaf-Tag-Rhythmus kam aus dem Gleichgewicht. Nachts war ich z.T. unruhig, und lief in meinem WG-Zimmer hin und her.
Da ich nicht mehr an den gemeinsamen Mahlzeiten teilnahm, sondern nachts aß, tauchten „aus Sorge“ eines Abends 4(!) Polizisten und 2 Sanitäter auf, holten sich auf Grund von „Unterernährung“ , die eine Eigengefährdung sei, und auf Grund meines „desorientierten Zustands“ einen gerichtlichen Beschluss, und lieferten mich gegen meinen Willen in der geschlossenen Abteilung C 2 der Psychiatrischen Klinik hier (= “Bezirkskrankenhaus” BKH) ein. 26. März. Dass ich „keine Medikamente nahm“ und „nicht essen würde“ wurde mir vorgehalten.

Auf der geschlossenen Station C 2 blieb ich eine Woche, und wurde dann auf mein Bitten auf die offene Station B1 verlegt. Ein Aufenthalt auf einer offenen Station, um mich zu stabilisieren, war für mich akzeptabel, die gerichtliche Unterbringung nicht.

Ich legte schriftlich Widerspruch beim Amtsgericht ein. Die Unterernährung stimmte nachweislich nicht, sondern war auf die körperliche Schwächung durch die Grippe zurückzuführen. Ich war auch nicht „desorientiert“, sondern unter Schock wegen der „verletztend auftretenden Staatsmacht“ (4 Polizisten!). Dazu wurde ein recht faires Gutachten erstellt, von einer Diplom-Psychologin und einem Oberarzt der C 2 , das auch meine Intelligenz und Sensibilität auf Grund meiner  langen psychosomatischen Geschichte durch die Neurodermitis berücksichtigte.

Am 24.04 d. J. (meinem Geburtstag) wurde der Unterbringungsbeschluss gegen mich vorzeitig aufgehoben. Zumal es auf der offenen Station keine „Komplikationen“ gab. Ich freute mich. Dennoch war die nächste Auseinandersetzung vorprogrammiert. Die Leiterin des betreuten Wohnens, Frau X nahm massiv Einfluss, dass ich „Medikamente nehmen müsse“. Ich nahm tatsächlich 800 mg Seroquel, verweigerte aber das Fluanxol wegen der schweren Nebenwirkungen.

Es kam zu einem Gespräch mit Frau X, Hr. Dr. XX (Oberarzt der Station B 1), Frau NN (Sozialarbeiterin für diese Station) und mir. Zu dieser Zeit war der Unterbringungsbeschluss noch aktiv, und ich daher entsprechend unter Druck. Keine schöne psychische Situation. Die Medikamente waren Thema. Ich erklärte, dass ich eine alternative Heilbehandlung anstrebe, und irgendwann „frei und ohne Neuroleptika“ leben wolle. Durchaus sei  ich bereit, diese in Akutsituationen zu nehmen, und auch eine Zeit übergangsweise, bis eine alternative Behandlung wirksam sei. Es wurde von mir eine Zusammenarbeit zwischen Schulmedizin und alternativer Behandlung vorgeschlagen. Dies wurde auch akzeptiert. Natürlich war die Dosierung der Medikamente Thema. Hr. Dr. XX von der B  1 (offene Station) zeigte sich durchaus offen für neue Wege. 

Kurz darauf wurde der gerichtliche Unterbringungsbeschluss gegen mich vom Landgericht aufgehoben. (Anmerkung von EREPRO: 14 Tage nach dieser Aufhebung wurde eine rechtliche Betreuung angeordnet). 

Das Mittel Fluanxol wurde mir dennoch in einer Dosierung von 5 mg später „nahegebracht“. Und ich nahm es, um weitere Diskussionen zu vermeiden. Allein dies war schon ein Unterlaufen der Gesprächsrunde.
Dass ich eine alternative Behandlung durchsetzen musste, ist allein schon ein Witz. Ich habe in Deutschland das Recht, die ärztliche Behandlung frei zu wählen.

Dann geschah etwas, was die Situation veränderte. Am Abend des 8. Mai  (Freitag) stand ich nach 20:00 Uhr (die offene Station B 1 schließt auch um 20:00 Uhr) am Haupteingang des BKH mit einigen Tüten, weil ich plötzlich Angst vor der Psychiatrie hatte. Ich glaubte, Herr F. (ein Betreuer von mir aus der WG) würde mich abholen und zurück in die WG bringen. Dies fiel auf, und ich war in dieser 40 Minuten dauernden wirren Phase auch für eine Pflegerin von der Station B 1 nicht ansprechbar.
Schließlich tauchte jemand von der geschlossenen Station C 1 auf, und ich wurde auf diese „geschlossene“ bugsiert. Verständlich aus der Sicht der Pflegerin, weil ich nicht ansprechbar war. Ich „träumte den Traum von der Entlassung“. Als ich mitbekam, wohin es ging (nämlich auf die „geschlossene“), war ich sofort wieder klar, und auch bewußt. Als sich die Türen hinter mir schlossen,  war das nicht mehr zu ändern. Ich hatte in 19 Jahren Schizophrenie noch nie eine „wirre Phase“, und glaubte, diese Situation ließe sich wieder lösen. Die diensthabende Nachtärztin, die mich aufnahm, und der ich die Situation schilderte, sagte dazu: „Naja, Hr.A., Sie stabilisieren sich über das Wochenende, und können wahrscheinlich am Montag wieder zurück auf die offene“.

Es stellte sich später heraus, dass man mich 5 Wochen auf der geschlossenen Station festhalten würde.  Am  Montag bei der Visite wurde mir tatsächlich versprochen, mich zügig auf die offene Station B 1 zurück zu verlegen. Dies geschah nicht in dieser Woche.
Als ich Abends dort meine Medikamente bekam, sah ich, dass ich 20 mg Fluanxol bekam. (Das war die 4-fache Dosierung dessen, was am „runden Tisch“ mit Hr. Dr. XX vereinbart war). „Naja, sie brauchen sich nicht wundern, dass sie auf der geschlossenen mehr bekommen, kommentierte ein Pfleger.  Seroquel bekam ich 1000 mg. Dies ist eine Dosierung, die mich „totmacht“. Man kann bis zu 1600 mg davon geben. Wie man sich dabei fühlt, spielt keine Rolle.

Ich verzichtete auf eine Diskussion um die Medikamente mit dem dortigen Oberarzt. Er gilt als Autokrat und Schulmediziner, und ich kenne ihn durchaus. Man wird dort nur entlassen, wenn man die Medikamente nimmt.
Der Oberarzt ist stellvertretender med. Leiter des BKH. Ich kommentiere dies nicht. Ich bekam auch keinen Ausgang. Ich irrte auf dieser geschlossenen Abteilung 3 Wochen ohne Perspektive und Ausgang herum, lief im Kreis herum und rauchte. Die erste Woche ließ ich abends zweimal die diensthabende Ärztin kommen, weil ich es nicht verkraftete. Diese waren freundlich, doch eine Verlegung auf die offene blieb aus.
Nach 10 Tagen wollte ich auf eigene Verantwortung gehen, – ich hatte immerhin keinen Unterbringungsbeschluss. Dies missglückte, da mir mitgeteilt wurde, dass die „Resozialisierung“ in die WG nicht abgeschlossen war. Dies ging wohl von der Leitung des betreuten Wohnens aus. (Frau X).
Damit hatte ich keine Möglichkeit entlassen zu werden, weil ich keine eigene Wohnung hatte. Die Situation wurde psychisch extrem belastend. Durch die fehlende Möglichkeit, in die WG zurück zu kommen, war ich ausgeliefert und erpressbar. Ich leide heute noch an einer posttraumatischen Belastungsstörung und an Alpträumen. Auf eine Diskussion über die Medikamente verzichtete ich, weil ich Angst hatte, dann nicht entlassen zu werden. Insgesamt läßt sich der Situation auf der geschlossenen Abteilung als „Leid“ ansehen. Nach 3 Wochen fasste ich mir ein Herz und fragte nach der Entlassung.

Inzwischen war ich wenigstens einmal in der WG gewesen in Form von Tagesurlaub, so dass die „Resozialisierung“ gut stand. Ich hatte mich mit den WG-Mitgliedern ganz gut verstanden, und heute bin ich dort angenommen und akzeptiert. Die Angst, wieder unter Druck gesetzt zu werden, ist dennoch unterschwellig noch da (posttraumatische Belastungsstörung). Ich werde wohl eine eigene Wohnung wieder anstreben. Einen Umzug verkrafte ich im Augenblick natürlich nicht.

Auf die Frage nach der Entlassung bekam ich die Antwort von dem Oberarzt, dass er sich meine Entlassung in ca. 14 Tagen vorstellen könne, wenn ich die Medikamente nähme. Und ich bekam stufenweise mehr Ausgang. Die Wiedereingliederung in die WG wurde ordentlich organisiert in Form von Tagesurlaub und Übernachtungstraining. Das Thema Medikamente sprach ich aus Angst nicht an. Die Dosierung von 20 mg Fluanxol war extrem belastend. So ruiniert man Menschen.
Der in Aussicht gestellte Entlassungstermin wurde tatsächlich eingehalten. Ich glaubte daran schon nicht mehr. Am 12. Juni wurde ich entlassen, unter der Bedingung, dass ich in die Institutsambulanz eingebunden würde. Dort bekam ich zuerst eine Medikamentenliste und Rezepte für die Neuroleptika. Gleichzeitig wurde mir bei der Entlassung von dem Oberarzt gesagt, dass gleich beim nächsten Mal der „Medikamentenspiegel“ durch eine Blutabnahme genommen würde. Die Absicht war klar: Kontrolle.

Ich genoss die Entlassung einen Tag. Dann fraß mich der Hass bzw. eine Art von Trauma auf. Man kann ein KZ-Trauma (Neuroleptika und die geschlossene Abteilung) nicht durch KZ (Neuroleptika) heilen. Ich tat genau dass, was mir nicht empfohlen wurde. Ich reduzierte die Einnahme der Neuroleptika schrittweise auf die in der Gesprächsrunde vereinbarte Dosierung von 800 mg Seroquel und immer noch 5 mg Fluanxol. Dies musste ich eigenständig tun, weil ich mich von dem Oberarzt und der Institutsambulanz massiv unter Druck gesetzt fühlte. Ich bin nicht bereit mich körperlich und seelisch ruinieren zu lassen. Dies ist geglückt, ich bin stabil und in der WG, in der ich z.B. gerne koche, angenommen.

Dennoch leide ich unter dieser Situation, solange ich keine vernünftige ganzheitliche Heilbehandlung bekomme. Die posttraumatische Belastungsstörung muss psychotherapeutisch aufgearbeitet werden. Man kann diese nicht durch Neuroleptika heilen, da genau diese ja die Ursache sind.

Meine Mutter, die mich jedes Wochenende auf der geschlossenen Station C 1 besuchte, war schockiert. Man muss es erlebt haben, wenn sich hinter einem immer wieder die zwei geschlossen Glastüren schließen. Ausgang hilft nicht, da die Angst, auf der „geschlossenen“ dort bleiben zu müssen, immer da ist.
Was ich positiv „mitbekommen habe“, ist eine unglaubliche Wertschätzung des Lebens „außerhalb der geschlossenen“. Und die Erfahrung, dass Freiheit und Selbstbestimmung für mich der höchste Wert sind.

Ich wurde am 26. März dort „untergebracht“, und bin im Juni, d.h. im Hochsommer entlassen worden. Mir fehlt das ganze Frühjahr. Ich nehme es als Erfahrung, sein Leben für eine Zeitlang zu verlieren. Nicht Neuroleptika, sondern das Leben, Liebe und Freiheit heilen.

Meine Schwester leidet, wie ich, ein ganzes Leben unter schwerer Neurodermitis. Noch dazu ist sie Lehrerin, muss also vor jungen Menschen auftreten. Eine schwere Last. Sie muss bei der Kasse darum kämpfen, dass alternative Behandlungen bezahlt werden. Mit Cortison kommt sie nicht weiter.
Ähnlich wie die Schizophrenie, der gegenüber die Schulmedizin ohne Neuroleptika hilflos ist. Bei mir hat eine Verlagerung von der Neurodermitis zur Schizophrenie stattgefunden, unter schwierigen Lebensverhältnissen: beruflicher Misserfolg und Bruch einer Beziehung. Daraufhin hatte ich die schwächeren Persönlichkeitsanteile abgespalten.
Dies lässt sich durch eine Psychotherapie  und menschliche Zuwendung behandeln. Sicher nicht durch schädigende Medikamente wie die Neuroleptika.
Das Misshandeln des hochsensiblen Nervensystems eines Neurodermitikers durch Neuroleptika, dazu gehört schon etwas.
Dieser Punkt wurde bei der Anamnese durch die Psychiater nie nachgefragt. Inzwischen habe ich Unverträglichkeiten auf fast alle Neuroleptika entwickelt. Eine klare Sprache der Seele. Ich reagiere auf fast alle Neuroleptika (z.B. das so hochgepriesene Zyprexa oder auch Zeldox, Haldol, Fluanxol, Risperidon und andere..) mit „Verlust der Ruhe“, als Nebenwirkung bei fast allen Neuroleptika beschrieben. Das heißt bei Fluanxol z.B. Krämpfe im Oberbauch, Tremor und Steifigkeit im Unterkörper, dazu der ruhelose Zwang zu laufen. Ich trinke 2 – 3 Liter Kaffee am Tag. Rauche unentwegt und laufe in der WG im Kreis herum.
Sehr förderlich für die „Resozialisierung“ in der WG! Die anderen können nicht schlafen, weil ich ruhelos bin. Dazu kommt, dass ich mich nicht konzentrieren bzw. Zeitung lesen kann, weil mir eben die Konzentration durch Neuroleptika abbricht. Ebenfalls kann ich den Sport Tischtennis nicht ausüben, den ich als Jugendlicher wettkampfmäßig und locker beherrschte, auf Grund der körperlichen Nebenwirkungen von Neuroleptika. Ein großer Verlust an Leben. Dies erleide nicht nur ich, sondern viele fehlbehandelte Schizophrene, Depressive oder andere an Persönlichkeitsstörungen leidende Menschen.

Bücher wie „Krankheit als Weg“ oder „Schicksal als Chance“ von Thorwald Detlefsen sind anscheinend spurlos am psychiatrischen Beruf vorbei gegangen.
Dass eine Krankheit auch Ausdruck der Seele ist, muss verstanden werden.  Das rein materielle Behandlungskonzept aus den 50/60 er Jahren ist durch eine ganzheitliche Entwicklung inzwischen überholt. Der „Gehirnstoffwechsel“ ist nur das Symptom, nicht die Ursache.
Die Ursache einer seelischen Erkrankung liegt in der Seele selbst. Der Gehirnstoffwechsel muss mit behandelt werden, ähnlich der Situation eines Alkoholikers. Chance auf Heilung hat nur eine umfassende Behandlung. Ein weiterer beschränkender Faktor der Neuroleptika: Ich kann nicht schreiben. Ohne den Laptop oder den Stift habe ich keinen Lebensinhalt.  Eine Psychose ist vorprogrammiert: Leerlauf.

In unserer WG wissen die anderen, dass ich nachts „schreibe“, respektieren dies und lassen mich in Ruhe. Soll ich die ganze Nacht im Kreis laufen, Kaffee trinken und rauchen…?
Ich schreibe seit 1 ½ Jahren an einem Buch über Schizophrenie, Bewußtheit und Spiritualität, und stand schon in Kontakt mit Verlagen. Auf Grund meiner Lebensschwierigeiten ruht das Buch zur Zeit. Dies hier ist wichtiger, und vielleicht habe ich etwas zu sagen. In der Tat kann ich „unter Druck“  schreiben, und das 3 -4 Stunden täglich. Dies ist meine Begabung und mein Handwerk, ebenfalls Psychologie. Nimmt man mir das, bricht mein Leben zusammen. Eine hohe Dosierung von Neuroleptika nimmt mir genau dies.
Neuroleptika können kurzfristig sinnvoll sein, um Schübe zu behandeln. Die meisten Psychiater, speziell im BKH, neigen zu Langzeit-Überdosierungen. Das ist massiv schädigend. Neuroleptika müssen auch wieder „runtergefahren werden“, und das verantwortlich, und nicht nur aus der Angsthaltung: „es könnte ja wieder etwas passieren“. Die Übernahme von Verantwortung gehört zum ärztlichen Beruf. Schief gehen kann immer etwas. Dies ist kein Grund, das Leben von vielen Menschen langfristig auf Null zu reduzieren und zu schädigen.

Ein Beispiel zu Schulmedizin und alternativer Behandlung: Eine Pflanze enthält 60 bis 150 wirksame Stoffe, die ganzheitlich und umfassend wirken. Neuroleptika, die meist nur das lebenswichtige Dopamin blockieren, enthalten  EINEN Wirkstoff. Dies ist im Vergleich zu Gottes Natur primitiv, wie viele Milliarden der Pharmaindustrie auch daran hängen mögen. Ein Beispiel für ein hochgefeiertes Neuroleptikum, das zuerst durch Milliarden-Gewinne der Firma Lilly auffiel, war Zyprexa. Die Nebenwirkungen stellten sich erst nach und nach ein. Dieses Mittel wird übrigens gerne noch immer überdosiert.
Die krankhafte Fixierung der Schul-Psychiatrie auf nur einen (oder 2 oder 3) Wirkstoffe ist geradezu primitiv und reduziert den Menschen auf die Chemie. Eine ganzheitliche Behandlung erfordert weit mehr Mühe. Die medizinische Leitung des BKH  halte ich für medizinisch (menschlich möchte ich mich dazu nicht äußern) für inkompetent. Geschlossene Psychiatrie und Gefängnis halte ich für ein Verbrechen. Psychiater üben massiv Macht aus.

Ein Beispiel zu Bipolaren. Ich bekam ein Konzert von erstklassigen Musikern im BKH mit. Alles Bipolare und hoch begabte Blues-Musiker, einer aus den USA. Es ist schön, so etwas in einer Klinik zu veranstalten, das ist ok. Einer der bipolaren schilderte das „Fehlen“ der hochbegabten manischen Phasen in seinem Leben. Er hatte seit 3 Jahren seine Gitarre nicht mehr angefaßt und war depressiv. Der Klinikchef legte daraufhin ein einfaches Diagramm auf, und erklärte, dass sich die bipolare Störung durch Medikamente ausgleichen ließe. Das Problem: es fehlen die Hochphasen. Was diese Menschen durch Medikamente verlieren, ist ihr Leben. Wie gesagt: dem Blues-Musiker fehlte die Intuition, um Musik zu machen, dafür war er „chemisch heil”. (Der Ausdruck ist von mir).

Vielleicht können sich Psychiater Gedanken zu Lebensfreude machen.  Das Leben ist ein Blues, mal hoch und mal niedrig. Die Menschen in ihren Ängsten und in ihrer Liebe zu erfahren, in Freud und Leid, ist menschlich. Jeder Mensch, dem Du auf der Straße begegnest, könnte Dein Bruder sein, Dein Vater oder Deine Mutter. Menschen in ihrem Suchen zu begegnen, in ihrer Hilflosigkeit und Angst, aber auch ihrem Lieben und Sehnen, auch mit dem, was sie verloren haben. Das ist menschlich.  Menschen sind viel mehr als nur ihre Chemie, sie sind fühlende und bewußte Wesen, mal mehr oder weniger. Mal angekommen, mal suchend. Aber immer lebendig, Ich selbst habe bipolare Anteile (im Schreiben). Das ist normal. Das Leben als eine Null-Linie, durch Neuroleptika bereinigt, das ist nicht normal.

Unter den jetzigen Umständen und auf Grund der hohen Traumatisierung durch die geschlossene C 1 bitte ich, mir schnellstmöglich eine/n PsychologIn/TherapeutIn zur Verfügung zu stellen. Dies hilft mir weiter als eine hohe Medikamentendosis. Selbstverständlich bin ich selbst auf der Suche nach einem geeigneten Therapeuten.
Die 4-fach Dosierung von FLuanxol (im Vergleich zur offenen Station) durch den Oberarzt der C 1 wurde nicht mit mir besprochen, und ist als Zwangsmedikation anzusehen. Die Medikation sollte mit mir besprochen werden. Eine Zwangsmedikation traumatisiert den betroffenen Menschen langfristig und ist rechtlich fragwürdig. Ich wünsche mir eine Behandlungsqualität, die dem Rechnung trägt.

P.S.: Ich stelle die Diagnose „paranoide“ Schizophrenie als lebenslange Diagnose überhaupt in Frage. Es gab in Deutschland schon einmal diese „Stempel“, bei KZ-Insassen. Schubladen. Schizophrenie ist durchaus heilbar, nicht jedoch allein durch die Schulmedizin. 

 

Folgender Text, der auch an das Betreuungsgericht ging, wurde vom Autor am 27.6.2015 nachgereicht.

Auszüge aus seinem Anschreiben an EREPRO:
“Mit ‚meiner Betreuerin’ habe ich telefoniert. Sie hatte hinter meinem Rücken mit den für mich zuständigen WG-Betreuern telefoniert. Und auf einmal hieß es von Hr. F.: ‚Die Betreurin kommt morgen mit in die WG.’. Das hat Todesangst ausgelöst, ‚wieder eingewiesen zu werden’. Ich sah sie schon in der Küche sitzen, mit Polizisten und Sanitätern: ‚Hr. A., wenn Sie die Medikamente nicht nehmen, muss ich sie wieder in das BKH einweisen.’ Ich war nahe am nervlichen Zusammenbruch. Das kreiste eine Stunde lang in meinem Kopf. Die Frau ist ein rotes Tuch für mich, sie hat auch hinter meinem Rücken im BKH mit den Ärzten telefoniert. Als ich auf der geschlossenen C 1 Ausgang bekommen sollte. hieß es: ‚Ja, da müssen wir mit ihrer Betreuerin telefonieren, ob sie einverstanden ist.’
Das ist traumatisch, und das kreist bei mir im Kopf. Ich faßte mir ein Herz, und rief sie persönlich an. Ich wolle nicht, dass sie in die WG komme, sagte ich ihr klipp und klar. Ich habe Beschwerde eingelegt, und ich sagte ihr, dass ich die Betreuung ablehne.
Wenn – dann schon mit offenem Visier.
Ich schlug ihr ein Treffen auf ‚neutralem Terrain’ im SPDi vor, mit Hr. B., der mich seit Jahren kennt, als unabhängige Vertrauensperson. Meine Betreuerin war dann am Telefon immerhin so anständig, und sagte, sie wolle sich nicht ‚aufdrängen’ und hielte sich aus der WG heraus.

Die Frau kennt mich überhaupt nicht (zwei kurze Gespräche im BKH), und ich bin im betreuten Wohnen integriert, mit deren Betreuern ich seit 1 1/2 Jahren alles selbst bespreche. Ich habe also schon eine Betreuung im ‚ambulant betreuten Wohnen’, was will die Frau denn? Ja, sagte sie, aber rechtlich habe sie die Haftung für mich usw. Man einigte sich darauf, dass sie sich weiterhin nicht einmische, weil ich das nicht wolle (so anständig war sie).

Sie würde mir einen Brief mit rechtlichen Hinweisen schicken, das müsse sie, und natürlich: ‚Sie müssen Ihre Medikamente nehmen’. Dazu sage ich nichts mehr. Sie wird das Schriftstück vom Betreuungsgericht bekommen, und vielleicht denkt sie über Zwangsmethoden in der Psychiatrie etwas nach. Die Frau ist ‚Berufsbetreuerin’, und borniert und überheblich. Sie hat mich unterschätzt, und vielleicht schätzt sie mich nach dem Schriftstück, das ich verfaßt habe, etwas vorsichtiger ein. Jedenfalls mischt sie sich nicht mehr in die WG ein. Ein Teilerfolg. Sie wolle die Entscheidung des Landgerichts abwarten, und nicht weiter Einfluß nehmen. Immerhin. Unglaublich.“

Bericht zum Aufenthalt auf der offenen B1

Nach einer Woche auf der geschlossenen Station C 2 und kurzer Zeit auf der B 1 war ich weitestgehend  klar, ansprechbar und bewusst, obwohl ich bis dahin keine Medikamente (!) bekommen hatte. Der Schock und Leid führten durchaus zum aufwachen. (der Unterbringungsbeschluss!) Niemand braucht daraufhin wochenlang einen Aufenthalt auf einer geschlossenen oder eine hohe Medikamentendosis. Man ist sich der Situation sehr schnell bewußt. (Jedenfalls ist das bei mir so.)
Nach kurzer Klärung wurde für den nächsten Tag ein Gespräch mit der rechtlichen Betreuerin vereinbart. Ich hatte vor, ihr meine Situation nahezubringen, und wie es mir ging.
Die Begegnung verlief kurz: Als die rechtliche Betreuerin für meine Belange nicht ansprechbar war, stand ich aufgebracht vom Stuhl auf. Dies stufte sie sofort als „psychotisch“ ein, und brach das Gespräch ab. Meinen Vorstoß, mich „eine rauchen zu lassen“, und in 15 Minuten ruhig miteinander zu reden, blockte sie ab.„psychotisch“).
 

Ihre Reaktion war die einer Berufsbetreuerin. Es kam Personal von der B 1 auf mich zu, und forderten, dass ich auf Geheiß von der Betreuerin (sie war im Personalraum einige Meter davon anwesend), wieder Medikamente nehmen müsse, sonst „käme ich wieder auf die „geschlossene“.
Solche Methoden mögen in der Psychiatrie üblich sein. Ich jedoch möchte als menschliche Person auch in meinem Leid bewußt wahrgenommen werden. (der Unterbringungsbeschluss!). Ich ließ mich auf die Medikamente wieder ein, weil ich Angst vor der „geschlossenen“ hatte. Auch dies wieder ein Baustein zu meiner Ablehnung  gegen gesetzliche Betreuung und Unterbringungsbeschluss.
Die Situation klärte sich später in einer Gesprächsrunde aller Beteiligten, in der die Medikamente Thema waren. Siehe mein Bericht. Ohne die Betreuerin.
Die Unterbringung wurde demnach auf meinen Widerspruch und ein faires Gutachten vorzeitig aufgehoben. Warum ich jetzt noch mit einer rechtlichen Betreuung zu tun habe, muss mir erklärt werden.