Wer schützt die Fixierten?

Wer nie selbst betroffen war, den werden meine Berichte über die Behandlung in einer Nervenklinik wohl nicht interessieren. Aber man sollte bedenken,  dass jeder Mensch psychisch krank werden könnte.
Mit der Erlaubnis der Betroffenen schreibe ich schon seit Jahren Berichte über die Behandlung von psychisch Kranken in einer Nervenklinik. Ich hoffe, dass sich diese Art von Behandlung schnell ändert, Denn unter dem Motto „moderne“ Psychiatrie wird in dem psychiatrischen Krankenhaus nicht selten die Würde der Erkrankten verletzt.

Als ich 1998 das erste Mal als Besucherin auf die geschlossene Stationen durch zwei verschlossene Türen kam, war ich erschüttert über die Zustände! Trotz unzähliger Beschwerden haben sich die Zustände bis heute nicht verändert.

Als Psychiatrie-Selbsterfahrene hatte ich bis dahin noch Verständnis dafür, das auf einer geschlossenen Station leider eine Zwangsbehandlung der Patienten erforderlich ist. Es klingt vielleicht seltsam, aber ich hatte einen Vorteil, um zu beurteilen, was als gute Behandlung anzusehen wäre. Was ich aber erkennen konnte, war vor allem eine Misshandlung der Patienten.

Vor 40 Jahren war ich selbst Patientin auf der geschlossenen Station einer psychiatrischen Klinik. Damals wurden Patienten ans Bett „fixiert“ – um sie vor sich selbst – und auch die anderen Patienten und das Pflegepersonal zu schützen. Aber wer schützt die FIXIERTEN?

Weil ich das selbst erleben musste, kann ich auch den Ärzten berichten, wie man sich als FIXIERTE fühlt. Aber das wollte KEINER in der Klinik wissen, denn ich wurde ja vor 40 Jahren so behandelt. Damals war das also noch nicht die „moderne Psychiatrie“. Außerdem bin ich ja nicht ausgebildet…

Wen interessiert schon, was vor 40 Jahren war? Mich!. Denn vor 40 Jahren waren es doch wohl auch Menschen, die ans Bett gefesselt waren, und gezwungen wurden ihre Notdurft ins Bett zu verrichten. Dabei hatte ich noch Verständnis, dass man in Einzelfällen Menschen fixieren muss, dass aber die Fixierten noch heute zum Einnässen und Einkoten gezwungen sind, sehe ich als Misshandlung an.

Nach unzähligen Beschwerden an die Klinikleitung, die Pflegedienstleitung, den obersten Direktor der Krankenhäuser habe ich das EINE erreicht, ich konnte einen Bericht über diese Art der Behandlung in der lokalen Zeitung veröffentlichen. Und ich hatte den Mut die Wahrheit zu sagen, obwohl eine Patientin, die mir sehr nahe steht, wieder in dieser Klinik in stationärer Behandlung war.

Und das ist sie aktuelle Situation:
Weil ich es wagte, die Klinik, deren Name in dem Zeitungsbericht genannt wurde, anzugreifen, bekam ich ein Hausverbot mit der Ausnahme, die mir nahe stehende Person zu besuchen. Was aber dann kam, ist eine Straftat. Jetzt musste die Patientin leiden, weil ich über die abscheuliche Behandlung berichtet hatte.

Auch das Amtsgericht/Betreuungsgericht stellte sich gegen mich, denn die Patientin steht seit 1999 unter gesetzlicher Betreuung. Es ist kein Einzelfall, dass in der modernen Psychiatrie  die Angehörigen nicht einmal informiert werden, dass der Patient „betreut“ werden sollte.
Das ist eine List, denn ein vom Gericht eingesetzte Betreuer verdient mit der Betreuung seinen Lohn, und er hat nicht die persönliche Bindung zu seinem Klienten. So werden die Angehörigen ausgeschlossen – man könnte auch sagen „ruhig gestellt“.
Und der Patient ist AUSGELIEFERT!
So wurde auch meine Ehrlichkeit benutzt. Und nachdem klar war, dass ich selbst vor Jahren erkrankt war, wurde ich ganz einfach für „psychisch krank“ erklärt. Auch eine Richterin des Amtsgerichts/Betreuungsgerichts nimmt sich dieses Recht, obwohl Sie mich noch nie persönlich kennen lernen konnte. Also eine richterliche FERNDIAGNOSE!

Für diese unverschämte und gemeine Art und Weise soll ich Verständnis zeigen? Auf keinen Fall, denn dann wäre ich wirklich nicht bei normalen Verstand. Um der ganzen Sache Herr zu werden, habe ich als Beistand eine Fachanwältin beauftragt, denn jetzt kämpfe ich um das Recht, das mit zusteht.

Die Wahrheit tut  oft weh! Schon seit Jahren schreibe ich Berichte, um psychisch Kranke zu schützen vor einer Behandlung, die gegen das Gesetz der Menschenwürde verstößt, und doch gesetzlich erlaubt ist. Vielleicht sollte man die Angehörigen der Patienten einmal anhören! Das wäre der Beweis!
Man sollte beachten, dass wir hier von einer seelischen Erkrankung sprechen, die man durch eine gute Behandlung durchaus in einen „stabilen“ Zustand bringen kann. Zu der Behandlung gehören meist Medikamente, aber auch die Krankenpflege. Und wenn die Pflegekräfte besonders geschult sind, sollten sie das ausüben, was sie gelernt haben. Das müsste man erwarten können.
Besonders auf den geschlossenen Stationen wird ihnen sehr viel abverlangt. Denn auch die Pflegekräfte sind „eingesperrt“. Wenn sie von der Station in ihrer „normales“ Leben zurück gehen, brauchen sie jeden Tag Zeit, um das Erlebte zu verkraften. Und es ist klar, dass sie auf ihre eigene Gesundheit achten müssen. Pfleger, die mit psychisch Kranken in einer menschlichen Art umgehen, sollten mehr respektiert werden, als es der Fall ist. Denn es bedarf einer hohen Selbstbelastung, die schwer Erkrankten zu pflegen. Dieser Beruf sollte eine Berufung sein und auch bleiben.

Ich hoffe sehr, dass diese Art von schlechter Behandlung nur in dieser Klinik so vollzogen wird. Die Patienten sind mir dankbar, dass ich weiterhin die Öffentlichkeit informiere, denn sie wissen dass ich EINE von IHNEN bin. Auch wenn ich es geschafft habe „stabil“ zu werden, denn ich hatte Hilfe von Menschen, die mich liebten, und die mich nicht alleine ließen. Meine Eltern und später mein Ehemann, meine Töchter und meine Verwandten gaben mir Kraft. Medikamente waren notwendig, aber ohne menschliche Zuwendung wäre ich nie stabil geworden.

Hinter den verschlossenen Türen der Psychiatrie fehlen der Respekt und die Menschlichkeit! So darf es nicht weitergehen!

 

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