Archiv für den Monat: Oktober 2013

Akteneinsicht unabdingbar

Fast jeder hatte schon einmal den Wunsch die Akten einer ärztlichen Behandlung einzusehen. Meist läßt man schnell wieder davon ab, weil man ein sehr mühsames, ärgerliches Verfahren erwartet. Zu Recht!
In der Psychiatrie aber ist Akteneinsicht unabdingbar. Spätestens seitdem bekannt wurde, wie schlampig und unkorrekt die Gutachten über G. Mollath angefertigt wurden, sind viele alarmiert. Solche Beurteilungen, die aus Gefälligkeit angefertigt werden, kombiniert mit unzureichender Unabhängigkeit der Gerichte können gerade für Menschen mit psychischen Problemen katastrophale Auswirkungen haben – den Verlauf ihres Lebens weiteren Lebens bestimmen .

Psychiatrie-Insidern ist das natürlich lange bekannt, jetzt – im Licht der Öffentlichkeit – finden deren Warnungen hoffentlich etwas mehr Gehör! Sogar psychiatrische Gutachter warnen vor der Leichtfertigkeit der eigenen Zunft!
Die panische Reaktion auf die Kritik der Münchener Gutachterin Hanna Ziegert von Seiten des Gerichtes, für das sie arbeitet,  bestätigt praktisch, dass Misssstände bekannt sind und Angst vor Aufdeckung besteht. Dass die Psychiaterin die Sanktionen des Gerichtes mit Erfolg abwehren konnte, macht Mut. (http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/kontrovers/gutachten-unabhaengig-sachverstaendige-100.html)

Wir möchten Sie ermutigen, Einsicht in Ihre Psychiatrie-Akten zu nehmen. Es ist möglich, auch wenn man auf Widerstand stößt. Sie können in Beratungsstellen und Sozialpsychiatrischen Diensten Berater finden, die sie dabei “moralisch” unterstützen, damit Sie nicht im Verlauf des Verfahrens genervt aufgeben. Der folgende Link informiert darüber, wie man es macht, beschäftigt sich auch mit den Versuchen, Akteneinsicht zu verhindern.

Jeder hat das Recht auf Akteneinsicht und sollte es in der Psychiatrie nicht ungenutzt lassen. Schauen sich den folgenden Link an, und wenn Sie wollen, ergänzen Sie die sehr gründlichen und informativen Aussagen und schreiben uns Ihre Erfahrungen damit. Sie können anderen Leuten damit helfen.

http://www.patiententelefon.de/patientenschutz/patientenrecht-beratung/akteneinsicht (w.o.)

Eingeliefert heißt ausgeliefert!

Kein Einzelfall: Verwahrung psychisch Kranker!
Meiner Erfahrung nach werden psychische Kranke nicht selten behandelt wie Straftäter. Sie werden eingesperrt. Das nennt man “geschlossene Unterbringung” in einer Nervenklinik.
Wenn der Kranke eine Straftat begangen hat, wird er in einer Spezial-Klinik oder -Abteilung der Psychiatrie, der Forensik, untergebracht. Aber die Kranken, die “nur” psychisch erkrankt sind, werden auch eingesperrt, um sie vor sich selbst und die Allgemeinheit vor ihnen zu schützen. Eingeliefert heißt ausgeliefert.

Ist psychisch krank zu sein denn ein Verbrechen? Psychisch Kranke in Verwahrung – haben sie das Recht auf menschenwürdige Behandlung irgendwie verspielt? Diese Frage würde ich gerne der Klinikleitung stellen!
Hinter diesen verschlossenen Türen werden Menschen untergebracht, die keine Straftat begangen haben, und diese Kranken werden von dem Pflegepersonal teils so schlecht behandelten, dass deren Verhalten eher einer Straftat gleichkommt. Ist es gesetzlich erlaubt Patienten zu misshandeln?
Das Recht auf eine menschenwürdige Behandlung wird in ielen Fällen nicht geachtet. Davon werden die Patienten kränker als sie schon sind.

Schlimm ist auch, dass ihnen niemand glaubt. So können sie sich nicht wehren und nicht beschweren. Wenn sie es versuchen, riskieren sie an ihr Bett fixiert zu werden. In der fixierten Situation sieht die Misshandlung der Menschen so aus, dass sie ihre Notdurft ihäufig im Bett verrichten müssen, weil sich niemand um sie kümmert. Für die Patienten ist es die Hölle auf Erden.

Gewalt bei der Krankenpflege ist in einigen Kliniken an der Tagesordnung. Wer sich wehrt, wird fixiert, also im Bett entweder an Armen, und/oder Beinen und/oder Bauch festgebunden, und dann beginnt für den Patienten eine Qual, die ich als unzumutbar bezeichne.
GRAUENVOLL! Alle Patienten; die so „behandelt“ wurden, berichten von Todesangst. Ich selbst habe die Hilfeschreie aus den Zimmern gehört, in denen die Fixierten untergebracht waren.
Bei bei meinen Anrufen auf Station meldeten sich zwei Männer am Patiententelefon mit „KZ Augsburg“ oder „ Narrenhaus“!!!

Das sollten die Richter, die die Genehmigung zur Fixierung erteilen, auch erfahren. Aber den Kranken glaubt man nicht. Die wenigen Angehörigen, die als Besucher auf diese Stationen kommen, sehen zwar, dass die Behandlung mehr als schlecht ist, aber KEINER außer mir hatte bisher den Mut sich zu beschweren.
Für die verzweifelten Patienten gibt es in der Klinik einen Patienten-Fürsprecher, aber die meisten Kranken wissen es nicht. Sie sind hilflos ausgeliefert.

Als Psychiatrieerfahrene und als Angehörige einer psychisch Kranken bemühe ich mich um eine bessere Behandlung der Patienten in der Klinik – ohne Erfolg!
Ein Bericht in der Lokalzeitung über diese Klinik, in dem ich über die Pflegemissstände berichtete, hat zwar kurzfristig für Aufregung gesorgt, aber auf den geschlossenen Stationen hat sich nichts geändert. Unglaublich aber wahr!

Weil ich vor Jahren selbst erkrankt war, will man mich ruhig stellen, indem man mich als psychisch Kranke abstempelt. So greift man mich an, nur weil ich die Wahrheit an die Öffentlichkeit gebracht habe.
Allerdings greife ich nicht nur die Klinik an, sondern auch die Betreuungsstelle, die gesetzliche Betreuer einsetzt, welche kein Fachwissen aufweisen können.
Der Fall Gustl M. zeigt ganz klar, dass auch die Gerichte falsch entscheiden können.

Um den Patienten zu helfen, konnte ich für kurze Zeit mit einer Selbsthilfegruppe Psychiatrieerfahrener als Besucherin auf die Geschlossenen Stationen kommen.
Es gab Patienten, die meine Besuche als Stütze gerne annahmen, und ich bekomme immer noch Briefe von einer Patientin, die mich als ihre Lebensretterin bezeichnet. Sie war am Ende ihrer Kräfte und wollte nicht mehr leben. Mit viel Geduld und mit aller Vorsicht konnte ich sie davon überzeugen, dass jeder Mensch irgendwann einmal in seinem Leben an den Punkt kommt, wo er verzagt und verzweifelt ist. Und psychisch krank zu sein ist kein Verbrechen, aber sich selbst das Leben zu nehmen, ist nicht der richtige Ausweg. Weil diese Frau sehr gläubig ist, habe ich sie erinnert, dass ihr Leben Gottes Geschenk ist, und Selbstmord eine Sünde. Sie war schwer erkrankt, und doch hat sie mich verstanden, und wir sind gemeinsam den Weg gegangen, Schritt für Schritt. Man braucht kein Studium, man muss nur Mensch sein, mit Gefühl und mit Respekt vor dem Kranken.

Ich persönliche wurde ausgerechnet in dieser Klinik – in der Institutsambulanz – hervorragend behandelt. Stationär war ich aber “Gott sei Dank” dort nicht.
Es ist schon IRRE, wenn ich in der Klinik im ambulanten Bereich gut behandelt wurde, jetzt aber „gezwungen“ bin, diese Klinik anzugreifen.

Ich gebe nicht auf, denn ich kann nicht zusehen, wie man psychisch Kranke so abscheulich behandelt. Ich stehe auf ihrer Seite!

Psychisch krank? Sie sind nicht allein.

Warten Sie bitte nicht bis ein Klinikaufenthalt nötig ist! Es gibt Hilfe, aber Sie müssen den „ersten Schritt machen”. Eine Möglichkeit, schließen Sie sich einer Gruppe „Selbsterfahrener“ an!

In Augsburg bietet die Arbeitsgemeinschaft für psychische Gesundheit (AGPG), ein Sozialpsychiatrischer Dienst, psychisch Kranken Hilfe an.
Ich war vor vielen Jahren – nach einem langen Klinikaufenthalt – zu dem Sozialpsychiatrischen Dienst gekommen, und habe erkannt, dass meine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis nichts Einmaliges ist. Denn bei den Treffen in unserer Selbsthilfegruppe habe ich erlebt, wie ähnlich unsere Erfahrungen mit der Erkrankung sind. Keiner musste sich schämen, über das zu sprechen, was man sonst niemals erzählen würde. Aber unsere Gespräche betrafen nicht nur unsere Krankheit, sondern wir erzählten uns auch von unseren ganz „normalen“ Schwierigkeiten und den schönen Erlebnissen. So wurden wir Freundinnen. In den 20 Jahren, die wir uns nun schon treffen, sind leider zwei Damen bereits gestorben. Aber es kamen neue Teilnehmer dazu.

Ich selbst bin seit 23 Jahren stabil, und zwar nicht mehr in der Klinik. Ich habe den Schritt zur AGPG nie bereut. Die Mitarbeiter sind geschult im Umgang mit psychisch Kranken. Man wird stets freundlich empfangen.

Auch Einzelgespräche werden angeboten. Man fühlt sich nicht behandelt, sondern man wird respektiert, und man spürt ganz deutlich die Menschlichkeit. Mit viel Einfühlungsvermögen versuchen die Sozialpädagogen die Besucher der AGPG zu stützen und so zu beraten, dass der Patient, selbst zur Behandlung in eine Nervenklinik geht, wenn es nötig ist. Wenn er es wünscht, wird er von einer Vertrauensperson begleitet und auch in der Klinik besucht.

Für diese Hilfe muss man nicht bezahlen, aber Spenden sind willkommen. Durch die Diakonie ist die Arbeitsgemeinschaft für psychische Gesundheit eine Anlaufstelle für Menschen, die auf der Suche nach Hilfe sind. Und so sollte man die AGPG und auch andere derartige Gemeinschaften finanziell unterstützen, damit sie erhalten bleiben.

Für manche Besucher ist die AGPG eine neue Heimat geworden. Unzählige Angebote wie Handarbeiten und Basteln, Englisch lernen, Kegelabende und Sport sind im Programm. Man fühlt sich wohl und gut aufgehoben.

Immer mehr Menschen werden psychisch krank, um so wichtiger ist es, dass solche Organisationen vom Staat bezuschusst werden. Auch in meinem Wohnort – außerhalb der Stadt – ist eine Außenstelle der AGPG, in der man ebenfalls hervorragend versorgt ist.

Ziehen Sie sich nicht zurück, sondern haben Sie den Mut, den Schritt zu wagen, Und Sie werden sehen, dass diese Hilfe dazu beiträgt wieder festen Halt zu finden.
Ich persönlich habe es geschafft und wünsche Ihnen psychische Gesundheit und alles Gute.
Angelika Kurella

Wer schützt die Fixierten?

Wer nie selbst betroffen war, den werden meine Berichte über die Behandlung in einer Nervenklinik wohl nicht interessieren. Aber man sollte bedenken,  dass jeder Mensch psychisch krank werden könnte.
Mit der Erlaubnis der Betroffenen schreibe ich schon seit Jahren Berichte über die Behandlung von psychisch Kranken in einer Nervenklinik. Ich hoffe, dass sich diese Art von Behandlung schnell ändert, Denn unter dem Motto „moderne“ Psychiatrie wird in dem psychiatrischen Krankenhaus nicht selten die Würde der Erkrankten verletzt.

Als ich 1998 das erste Mal als Besucherin auf die geschlossene Stationen durch zwei verschlossene Türen kam, war ich erschüttert über die Zustände! Trotz unzähliger Beschwerden haben sich die Zustände bis heute nicht verändert.

Als Psychiatrie-Selbsterfahrene hatte ich bis dahin noch Verständnis dafür, das auf einer geschlossenen Station leider eine Zwangsbehandlung der Patienten erforderlich ist. Es klingt vielleicht seltsam, aber ich hatte einen Vorteil, um zu beurteilen, was als gute Behandlung anzusehen wäre. Was ich aber erkennen konnte, war vor allem eine Misshandlung der Patienten.

Vor 40 Jahren war ich selbst Patientin auf der geschlossenen Station einer psychiatrischen Klinik. Damals wurden Patienten ans Bett „fixiert“ – um sie vor sich selbst – und auch die anderen Patienten und das Pflegepersonal zu schützen. Aber wer schützt die FIXIERTEN?

Weil ich das selbst erleben musste, kann ich auch den Ärzten berichten, wie man sich als FIXIERTE fühlt. Aber das wollte KEINER in der Klinik wissen, denn ich wurde ja vor 40 Jahren so behandelt. Damals war das also noch nicht die „moderne Psychiatrie“. Außerdem bin ich ja nicht ausgebildet…

Wen interessiert schon, was vor 40 Jahren war? Mich!. Denn vor 40 Jahren waren es doch wohl auch Menschen, die ans Bett gefesselt waren, und gezwungen wurden ihre Notdurft ins Bett zu verrichten. Dabei hatte ich noch Verständnis, dass man in Einzelfällen Menschen fixieren muss, dass aber die Fixierten noch heute zum Einnässen und Einkoten gezwungen sind, sehe ich als Misshandlung an.

Nach unzähligen Beschwerden an die Klinikleitung, die Pflegedienstleitung, den obersten Direktor der Krankenhäuser habe ich das EINE erreicht, ich konnte einen Bericht über diese Art der Behandlung in der lokalen Zeitung veröffentlichen. Und ich hatte den Mut die Wahrheit zu sagen, obwohl eine Patientin, die mir sehr nahe steht, wieder in dieser Klinik in stationärer Behandlung war.

Und das ist sie aktuelle Situation:
Weil ich es wagte, die Klinik, deren Name in dem Zeitungsbericht genannt wurde, anzugreifen, bekam ich ein Hausverbot mit der Ausnahme, die mir nahe stehende Person zu besuchen. Was aber dann kam, ist eine Straftat. Jetzt musste die Patientin leiden, weil ich über die abscheuliche Behandlung berichtet hatte.

Auch das Amtsgericht/Betreuungsgericht stellte sich gegen mich, denn die Patientin steht seit 1999 unter gesetzlicher Betreuung. Es ist kein Einzelfall, dass in der modernen Psychiatrie  die Angehörigen nicht einmal informiert werden, dass der Patient „betreut“ werden sollte.
Das ist eine List, denn ein vom Gericht eingesetzte Betreuer verdient mit der Betreuung seinen Lohn, und er hat nicht die persönliche Bindung zu seinem Klienten. So werden die Angehörigen ausgeschlossen – man könnte auch sagen „ruhig gestellt“.
Und der Patient ist AUSGELIEFERT!
So wurde auch meine Ehrlichkeit benutzt. Und nachdem klar war, dass ich selbst vor Jahren erkrankt war, wurde ich ganz einfach für „psychisch krank“ erklärt. Auch eine Richterin des Amtsgerichts/Betreuungsgerichts nimmt sich dieses Recht, obwohl Sie mich noch nie persönlich kennen lernen konnte. Also eine richterliche FERNDIAGNOSE!

Für diese unverschämte und gemeine Art und Weise soll ich Verständnis zeigen? Auf keinen Fall, denn dann wäre ich wirklich nicht bei normalen Verstand. Um der ganzen Sache Herr zu werden, habe ich als Beistand eine Fachanwältin beauftragt, denn jetzt kämpfe ich um das Recht, das mit zusteht.

Die Wahrheit tut  oft weh! Schon seit Jahren schreibe ich Berichte, um psychisch Kranke zu schützen vor einer Behandlung, die gegen das Gesetz der Menschenwürde verstößt, und doch gesetzlich erlaubt ist. Vielleicht sollte man die Angehörigen der Patienten einmal anhören! Das wäre der Beweis!
Man sollte beachten, dass wir hier von einer seelischen Erkrankung sprechen, die man durch eine gute Behandlung durchaus in einen „stabilen“ Zustand bringen kann. Zu der Behandlung gehören meist Medikamente, aber auch die Krankenpflege. Und wenn die Pflegekräfte besonders geschult sind, sollten sie das ausüben, was sie gelernt haben. Das müsste man erwarten können.
Besonders auf den geschlossenen Stationen wird ihnen sehr viel abverlangt. Denn auch die Pflegekräfte sind „eingesperrt“. Wenn sie von der Station in ihrer „normales“ Leben zurück gehen, brauchen sie jeden Tag Zeit, um das Erlebte zu verkraften. Und es ist klar, dass sie auf ihre eigene Gesundheit achten müssen. Pfleger, die mit psychisch Kranken in einer menschlichen Art umgehen, sollten mehr respektiert werden, als es der Fall ist. Denn es bedarf einer hohen Selbstbelastung, die schwer Erkrankten zu pflegen. Dieser Beruf sollte eine Berufung sein und auch bleiben.

Ich hoffe sehr, dass diese Art von schlechter Behandlung nur in dieser Klinik so vollzogen wird. Die Patienten sind mir dankbar, dass ich weiterhin die Öffentlichkeit informiere, denn sie wissen dass ich EINE von IHNEN bin. Auch wenn ich es geschafft habe „stabil“ zu werden, denn ich hatte Hilfe von Menschen, die mich liebten, und die mich nicht alleine ließen. Meine Eltern und später mein Ehemann, meine Töchter und meine Verwandten gaben mir Kraft. Medikamente waren notwendig, aber ohne menschliche Zuwendung wäre ich nie stabil geworden.

Hinter den verschlossenen Türen der Psychiatrie fehlen der Respekt und die Menschlichkeit! So darf es nicht weitergehen!